nekrologe.ch

Bruno Müller-Bütler

*17.03.1927  †03.10.2013

Einsatzorte

von 1952: Schleitheim (Pfarrverweser), SH
1953 - 1954: Deutschschweizergemeinde Lausanne, VD
1954 - 1976: Rothrist, AG
1967 - 1991: Zürich-Altstetten, ZH
Bild Bruno Müller-Bütler

Nachruf

Am 3. Oktober 2013 verstarb Pfarrer Bruno Müller in Schaffhausen. Er war nach einer kurzen Stellvertretung in Schleitheim SH und nach einer Tätigkeit als Hilfspfarrer in der Deutschschweizergemeinde in Lausanne während 13 Jahren Pfarrer in Rothrist AG und anschliessend 24 Jahre lang Pfarrer in Zürich Altstetten. Seinen Ruhestand verbrachte er ab 1991 in Schaffhausen. Hier nahm er bis fast zuletzt rege Anteil an den monatlichen Seniorentreffs der pensionierten Pfarrer, Pfarrerinnen, Pfarrfrauen.

In seinem autobiografischen Lebenslauf gewährt der liebenswürdige Kollege Einblick in seinen Lebensweg und in seine Erfahrungen:
„Ich wurde am 17. März 1927 geboren in Schaffhausen. Drei meiner Grosseltern stammten von Löhningen, ein Grossvater von Schleitheim. Mit einer um ein Jahr jüngeren Schwester erlebte ich an der Finsterwaldstrasse 30 eine sorglose Kindheit. 1934 trat ich in die Primarschule, 1941 in die Kantonschule ein. Zur Zeit der Konfirmation wechselte ich unter Nachholung der lateinischen Sprache von der realistischen in die humanistische Abteilung und schloss mit der B-Matur ab. Von 1938 bis 1947 gehörte ich als eifriges Mitglied der Pfadfinderabteilung Schaffhausen an. Unter dem Einfluss der Kriegsereignisse und des Idealismus der Pfadfinderbewegung wurde ich überzeugt von der Notwendigkeit einer neuen Welt. Da ich im christlichen Glauben einen Weg sah, der auch die Unvollkommenheit alles menschlichen Tuns einbezog, entschloss ich mich im Laufe des Konfirmandenunterrichtes zum Pfarrerberuf. Ich erlernte im Privatunterricht die griechische Sprache und legte die A-Matur ab. 1947 bis 1952 studierte ich hauptsächlich in Zürich und zwei Semester in Basel Theologie. Im Studium eröffnete sich mir die befreiende Erkenntnis, dass der christliche Glaube gerade auch in der modernen Welt eine Orientierungshilfe bietet. Besonders beeindruckten mich die Professoren Walther Zimmerli, unter dessen Leitung ich auch zwei Semester im „Theologenhaus“ wohnte, und Emil Brunner. Im Winter 1951/1952 erfüllte ich mein Lernvikariat (Praktikum) in der Steiggemeinde Schaffhausen bei Pfr. Peter Vogelsanger, wo ich am 11. Mai 1952 ordiniert wurde. Nach der Isolation (der Schweiz) in der Kriegszeit empfand ich einen Studienaufenthalt in Paris zwischen Rekruten- und Unteroffiziersschule wohltuend. Kurse über Literatur und Kultur, die Begegnung mit dem Impressionismus in der Malerei und die Beschäftigung mit dem Existenzialismus in der Philosophie erweiterten meinen Horizont. Beim herrschenden Theologenüberfluss stand nach Studienabschluss nicht so bald eine Stelle in Aussicht. An der Kirchlichen Hochschule in Berlin lernte ich durch Studienkollegen die Situation in der Ostzone kennen, sah die Ausmasse der Kriegszerstörungen mit eigenen Augen und wurde konfrontiert mit der Propaganda, der Theorie und Praxis des kommunistischen Atheismus. Während einer kurzen Stellvertretung in Schleitheim erlebte ich zum ersten Mal eine dörfliche Gemeinschaft und erfuhr dort viel Freundlichkeit und Ermutigung. Infolge meiner Englischkenntnisse erhielt ich ein Stipendium der schottischen Kirche, vermittelt durch den Weltkirchenrat, für einen Studienaufenthalt am „New College“ in Edinburgh. Ich lernte die schottische Geschichte und Kirche kennen und schätzen. Ich erhielt Einblick in die weltweiten Beziehungen im sich auflösenden britischen Imperium, in denen auch oekumenische Kontakte wichtig waren. Durch die ebenfalls am New College studierenden Kollegen der Basler Mission traten mir auch die Missionsbestrebungen näher.
Meine praktische Arbeit im Pfarramt begann ich als Hilfspfarrer an der Deutschschweizergemeinde in Lausanne im Juni 1953. Die damals noch zahlreichen Mädchen und Burschen, die als Haushalthilfen und Ausläufer ihr Welschlandjahr absolvierten, liessen eine lebendige, vielseitige und spannende Jugendarbeit in den Vordergrund treten. Von 1954 bis 1976 übernahm ich jährlich die Leitung eines Skilagers der „Jungen Kirche Schweiz“. 1955 folgte ich einer Berufung in die Kirchgemeinde Rothrist. Ein grosses Erlebnis war es für mich, mit einer lebendigen, vielseitigen, sich rasch entwickelnden Dorfgemeinschaft vertraut zu werden. Damals war das Interesse am kirchlichen Leben noch relativ stark. In der Gemeinde- und Jugendarbeit kam es immer wieder zu unvergesslichen Höhepunkten: Vortragswochen, Fürbittegottesdienste während der Ungarnkrise u.a. Besonders wertvoll empfand ich den Kontakt mit allen Schichten der Bevölkerung, auch mit weniger kirchlichen Kreisen.
In der ehemaligen Mitschülerin in der Kantonsschule, Ursula Bütler, fand ich eine liebe- und verständnisvolle, ruhige und ausgeglichene Ehegattin. Dank ihrem geduldigen Mitgehen und –tragen konnte ich die Belastungen des Dienstes schliesslich stets verarbeiten. Als schönste Zeit meines Lebens bleibt mir das Aufwachsen unserer vier Kinder in Erinnerung.
Ende 1967 wurde ich ins Pfarramt Zürich-Altstetten berufen. Die Aufgabe des Gemeindeaufbaus im neuen Grünauquartier an der Limmat beschäftigte mich als langfristige Aufgabe. Immer wieder fand ich Menschen, die sich einsetzten. Kurz vor der Pensionierung durften wir schliesslich ein kleines kirchliches Quartierzentrum eröffnen. Die fortschreitende Säkularisierung brachte aber auch manche Ernüchterung. Z.B: Die Organisation einer Mammutgemeinde mit sechs Pfarrern oder kurzlebige Modeströmungen machten mir oft zu schaffen und zeigten mir auch die Grenzen meiner Gaben und Kräfte. Die selbstlose Mitarbeit vieler Gemeindeglieder und das Bewusstsein, nicht im eigenen „Laden“, sondern im Werk Gottes zu stehen, hielten mich aufrecht. Auch die Mitarbeit in manchen kirchlichen Behörden und Kommissionen brachte mir Befriedigung. Im Herbst 1991 trat ich in den Ruhestand. Es freute mich, nach 40 Jahren wieder nach Schaffhausen in mein Vaterhaus zurückkehren zu können.“

verfasst von Bruno Müller (Witwe Ursula Müller-Bütler, Schaffhausen)