Helmut Fliege erblickte am 8. Mai 1950 als erstes Kind des Theologiestudenten Ernst und seiner Frau Anneliese in Zeuchfeld das Licht der Welt.
In der Stendaler Oberschule entdeckte Helmut seine Passion für Sprachen und Geschichte. Das Studium trat Helmut im nahen Halle an. Die großen Fragen der Theologie interessierten ihn leidenschaftlich, doch auch der neu gewonnene Freiraum war ihm wichtig. Besonders als er im kirchlichen Ferienheim im Harz Christine kennenlernte. Das junge Paar heiratete im Jahre 1972 noch während des Studiums.
Ihr erstes Kind Thomas hatte gerade laufen gelernt, als Helmut im Jahre 1975 mit einer Stelle im altmärkischen Grieben betraut wurde. Der junge Pastor Fliege versuchte sich gegen das Tragen des Talars zu sträuben, bis die alteingesessenen Gemeindemitglieder den Grünschnabel zur Vernunft brachten. Seine bald vier Kinder Thomas, Anja, Kathrin und Cornelia erlebten in Grieben eine ebenso glückliche Kindheit, wie ihr Vater zuvor in Kläden.
Dann kam ein seltsamer Schnupfen, der irgendwann Heuschnupfen und dann ganz schnell Asthma hieß.
Es folgten schreckliche Prognosen und Kuren, die immer weiter entfernt waren und immer länger dauerten. Nach einer sehr weit entfernt verbrachten Kur tauchte ein Hoffnungsschimmer namens Davos auf. In dieser Zeit des kalten Krieges war ein Umzug in die Schweiz eine absurde Idee, doch der einzige Ausweg. In einer Phase panischer Papierkriege gegen die tickende Uhr, von Stasibespitzelungen und nächtlichen Rettungs-wageneinsätzen, wurde die Familie Fliege von unzähligen Menschen unterstützt. Die Amtsbrüder beider Kirchen sowie Ärzte in der Altmark und in Graubünden kämpften gemeinsam für Helmut, bis die lebensrettende Ausreise genehmigt wurde.
Als die Familie Fliege im Sommer 1987 zum ersten Mal in Davos erwachte, stand die Sonne in einem nie gesehen Blau über den Bergen. Die große Pfarrwohnung war bereits vor ihrer Ankunft von lieben Davosern ein wenig möbliert worden. Helmut atmete tief und frei und die Familie konnte ihr Glück kaum fassen. Pfarrer Fliege, der nun die Davoser Kliniken betreute, blühte auf.
Er genoss den offenen Austausch über theologische und kirchliche Fragen mit Kollegen an großen Treffen und Synoden. In der Kinderklinik schenkte er den kleinen, heimwehgeplagten Patienten Trost. Von ihm lernten sie spielend Zusammenhalt. In der Thurgauer - und der Höhenklinik in Clavadel erinnerte er in seinen Predigten daran, dass die Kraft des Herrn dort ist, wo die Starken den Schwachen beistehen.
Nach und nach wurde Helmut stolzer Opa von fünf Enkelkindern, die mit ihren Eltern zu jeder Gelegenheit zu den Großeltern strömten. Die Ruhe dazwischen genoss Helmut mit seiner Frau bei langen Kaffeetischgesprächen, las in seinen vielen Büchern und ging bei Wind und Wetter spazieren, um seine Schmerzen zu lindern. Er kämpfte um jeden Tag, den er noch mit seiner geliebten Christine verbringen durfte. Am 21. Februar schloss Helmut mit einem Lächeln für immer die Augen.
Ursina Hardegger, Pfarrerin und Kanzellarin der Synode