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Peter Niederstein

*15.07.1933  †07.10.2014
Bild Peter Niederstein

Nachruf

Peter Niederstein, am 15. Juli 1933 in Düsseldorf geboren, studierte nach dem Abschluss des Gymnasiums Theologie an der kirchlichen Hochschule Wuppertal, an den Universitäten Tübingen, Hamburg und Zürich. 1963 nach dem Lernvikariat in Davos Platz, wirkte er zwei Jahre als Provisor in Chur. Am 14. November 1965 wurde er als gewählter Pfarrer in den beiden Gemeinden Versam und Tenna in sein Amt eingesetzt. Seit Oktober 1973 war Peter Niederstein Pfarrer von Tamins und den Diasporagemeinden Bonaduz-Rhäzüns und Reichenau. Seine Gemeinden werden ihn als gütigen, fröhlichen und treuen Diener am Wort Gottes in Erinnerung behalten. Peter Niederstein war ein Mensch mit einer schöpferischen Dynamik, wortgewandt und mit einer frischen Unbefangenheit. Er war ein prägendes Mitglied der Arbeitsgemeinschaft freigesinnter Theologen . Er trat ein für eine offene, demokratische Volkskirche mit Platz für unterschiedliche Glaubensauffassungen. Das Nachdenken über die Religiosität sei wie das Betrachten eines Blumenstrausses, hat Peter Niederstein einmal gesagt. Es will die guten Lebensgeister wecken, die Phantasie anregen und dazu verführen, Mensch und Gott in einem positiven Lebenszusammenhang zu sehen. Im Gottesdienst, in der Seelsorge und im Gespräch am runden Tisch wollte er das Interesse am freien Denken, am eigenständigen Glauben und am Gemeinsinn wecken. Peter Niedersteins Kindheitstraum war es, Förster zu werden. Trotzdem entschied er sich nach dem Abitur, Theologie zu studieren. Die Eindrücke, die Albert Schweitzer, der Theologe, Humanist und Urwaldarzt auf den jungen Peter Niederstein hinterliessen, haben diesen Entscheid reifen lassen. Ehrfurcht vor dem Leben und Toleranz waren zwei Begriffe Albert Schweitzers, die Peter Niedersteins ganzes Leben prägten. Toleranz war für Peter Niederstein nicht Schwäche, sondern eine Chance, eine Bedingung der Entdeckung von Wahrheit. Der Wahrheit entspricht das Argument und nicht irgendwelchen kirchlichen Machtstrukturen, das war Peter Niedersteins Überzeugung. Peter Niederstein setzte sich auch sehr für die Oekumene ein. Aber auch als grosser Freund der Ökumene konnte er jene Strömungen pointiert aufs Korn nehmen, die im kirchlichen oder weltlichen Bereich einen Absolutheitsanspruch kundtaten. Obwohl er pointierte Zwischenrufe hielt, verliess er nie das Kollegialitätsprinzip, vergass nie, dass Ideen für das Gesamtwohl von allen erarbeitet und getragen werden mussten. Er war viele Jahre Schriftleiter des Bündner Kirchenboten, des Schweizerischen Reformierten Volksblatts und Mitredaktor des Bündner Protestanten. Ferner gehörte er der Delegation der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen der Schweiz des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK) an. Er traf viele bekannte Persönlichkeiten und hatte stets die eine oder andere Anekdote bereit. Peter Niederstein hatte einen herzhaften Humor und wenn er einen Lachkrampf bekam, musste man ihn sachte bremsen, damit er wieder Luft bekam. Peter Niederstein betreute in vierzigjähriger, ehrenamtlicher Tätigkeit die Pastoralbibliothek. Im 2008 ernannte ihn die Synode in Würdigung seiner Verdienste zum «Ehrenpastoralbibliothekar der Bündner Synode». Ein besonderes Verdienst in der Bündner Kirche hat sich Peter Niederstein auch als verantwortlicher Schriftleiter des vierten Bandes der «Bündner Kirchengeschichte» erworben, die im Mai 1987 erschienen ist. Zu diesem Band schrieb der Evangelische Kirchenrat Graubünden: «Es ist das Verdienst dieser Schrift, durch Erhellung dieser geistesgeschichtlichen Hintergründe die religiösen und kirchlichen Bewegungen unserer Tage besser verstehbar zu machen. Und es ist der Schrift der Erfolg zu wünschen, dass heutige Leser mit weniger Rechthaberei ihre eigene religiöse Vorstellung als die allein richtige Lehre vertreten.»
Wir danken Gott, dass wir Peter Niederstein, so wie er war, unter uns haben konnten.

Luzi Battaglia