Zu unserer Tagung

IP-3-2024-Hansjakob-Schibler (Foto: Mark Haltmeier)

Es führt der Personenpfarrmangel Zum Studienteilungsgerangel:
Und sie, wo hängt sie Unsere Theologie Nunmehr an der kirchlichen Angel?
Hansjakob Schibler
Noch sind die Fakultäten da
Was der Pfarrverein mit seiner Tagung „Was bleibt der Uni“ anstrebt, wird immer dringender. Wenn nach bestandenem Bachelorexamen Theologiestudierende schon eine kirchliche Anstellung bekommen sollen, wird die Frage nach der universitären Ausbildung davor und danach akut. Dabei geht es um Inhalte, was soll studiert und gelernt werden, aber auch um die didaktischen Belange, wie soll studiert und gelernt und der ganze Vorgang geleitet und begleitet werden. Die beiden Probleme, welche diese neuerliche Studienreform (nach schon vorgängiger Einführung von Quest und Ithaka) hervorrufen, der Mitgliederschwund und der Pfarrpersonenmangel, kann man immer noch als Chancen sehen. Und zwar, weil es vielleicht sogar zum letzten Mal ist, dass wir eine Krise der reformierten Landeskirchen zusammen mit den noch bestehenden theologischen Fakultäten angehen und hoffentlich bewältigen können. Am bisherigen Planungs-Verlauf der neuen Studienreform fällt auf, dass sie sich an den Bedürfnissen der potentiellen kirchlichen MitarbeiterInnen und den Aufgaben, die sie sich am liebsten zutrauen, orientiert. Explizite theologische Studien- und Wissbegier scheint nicht dazu zu gehören.

Was bleibt der Uni?
Wenn wir fragen : Was bleibt der Uni?, ist das also eine bewusste Provokation. Vor allem für jemanden wie mich, der die Bedeutung der Theologie kurz nach dem 2. Weltkrieg am eigenen Geist miterlebt hat. Ich war sicher nicht der Einzige, der das Theologiestudium ergriff, nicht weil ich unbedingt Pfarrer werden wollte, sondern weil mich die Theologie als Wissenschaft interessierte. Ob ich auch Pfarrer werden könnte, das musste sich erst zeigen. Vielleicht ist dies alles heute gerade umgekehrt. Es finden sich nur noch dann Interessierte, wenn ihnen gleich auch die Möglichkeit winkt, in einer kirchlichen Anstellung möglichst bald die Praxis des Glaubens zu vertreten und sich die nötigen Fertigkeiten dafür berufsbegleitend anzueignen. Nun weiss man zwar von andern Berufsfeldern, dass dieser Weg durchaus zum Ziel führen kann. Aber wie es im Falle der Theologie und des Pfarrberufes ablaufen könnte oder müsste, ist noch viel zu wenig fundiert abgeklärt und unter den Akteuren viel zu wenig abgesprochen.  Dass sich hier nun der Pfarrverein einmischt, wurde zuerst wohl fast wie eine Störung empfunden (ach je, die sind ja auch noch da!). Mittlerweile bekommen wir aber Signale von universitärer Seite, die unsere Einmischung und die Organisation unserer Tagung begrüssen. Dass die akademischeTheologie gleichsam den Lead abgeben muss, dass sich in der kirchlichen Praxis entscheidet, welche Erkenntnisse und Vertiefungen es braucht, das geht ja nicht ohne wissenschaftliches Studium, wissenschaftliches Forschen und ihre Begleitung.

Resignation?
Man mag dem Thema unserer Tagung vorwerfen, es sei zu resigniert formuliert. Und man kann uns vorwerfen, wir würden das absichtlich machen, um damit ein grösseres Interesse zu wecken. Schliesslich möchten wir ja, dass unsere Tagung punkto Teilnehmerzahl ein Erfolg wird ! Wer allerdings das Programm genau studiert, dem wird auffallen, dass die ReferentInnen und mit ihnen alle TeilnehmerInnen zuerst aufgefordert sind, aus der eigenen Studienerfahrung etwas Markantes zu erzählen. Dass durch die zu erwarteten Geschichten vielleicht so etwas wie eine neue Lust an der Theologie entsteht, ist durchaus beabsichtigt. Es mag bei dieser Gelegenheit auch in den Blick kommen, woran es denn liegt, dass diese generelle Lust abhanden gekommen ist. Hat es mit einer allgemeinen Glaubensmüdigkeit zu tun, oder eher damit, dass man nicht mehr lernt, mit logischen Argumenten für seine Einstellung zu kämpfen?

Auch theologisch debattieren will gelernt sein
Es ist vielleicht gut, in diesem Zusammenhang auch wieder einmal den Begriff der rabies theologorum ins Spiel zu bringen. Dass der konfessionelle Streit zur Zeit und in der Folge der Reformation auch in unseren Breitengraden gewalttätig (tollwütig) überbordete, ist schlimm. Aber was wir heute haben, dass vor lauter von vornherein angestrebtem Konsens, spannungsarmer Ökumene, mit Schuldgefühlen geprägter Wiedergutmachung (Täufer), political correctness, cancel culture etc. kaum mehr ehrlich und gar kontradiktorisch diskutiert wird, ist schade.  Aber um dies zu können, braucht es entsprechende Kenntnisse der Materie und der Debatten, die in der Vergangenheit darüber geführt wurden.

Immer wieder umstritten das Abendmahl
Zur Debatte in oder unter der christlichen Geschwisternschaft gehört auch das Abendmahl. Es ist im recht verstandenen Sinn sowohl die Feier des Konfliktes wie die Feier der Versöhnung zwischen Gott und Mensch und Mensch und Mensch.
Wenn wir unsere Tagung mit Predigt und Abendmahl beginnen, soll dies ein vorauslaufendes Hoffnungszeichen sein: Wir wollen die Lust am theologischen Debattieren im Hinblick auf vertiefteres gegenseitiges Verstehen - zum Erhalt des Friedens in Kirche und Welt - bewusst fördern.
Bereitgestellt: 30.08.2024    
 
aktualisiert mit kirchenweb.ch
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