Pastorales Amt

IP-3-2023-Martin-Hauser (Foto: Mark Haltmeier)

Einige Hinweise für eine minimale, aber unumgängliche und gar angenehme Lösung.
Martin Hauser
Grundsätzlich
Immer noch gibt es diejenigen, die für dieses Amt einstehen! Die Gründe dafür mögen verschiedenartig sein: Es sind wohl jene, die dieses Amt - oft pausenlos (!) - ausüben, auch jene, die sich aufgrund ihrer Ordination mit ihm verbunden fühlen, und es gibt so manche, die auf dieses Amt zählen, weil sie  seine Unterstützung und die so erhaltene Hilfe zu schätzen wissen.
Gewiss fördert dieses Amt ein Vis-à-vis (in der Seelsorge, in einer gemeinschaftlichen Gruppe, im Gottesdienst, …) für Menschen, die eine Unterstützung suchen; sie kommen so aus ihrer einengenden Problematik heraus. Dieses Amt, resp. die es ausübende Person, kann - Deo volente - die göttliche Andersartigkeit, also den Ursprung, den Rückhalt und das Ziel unserer Existenz symbolisieren. So scheint es unabdingbar notwendig, sich für die pastoralen Personen zu interessieren und alles in unserer Kraft Stehende zu unternehmen, damit sie Bedingungen finden, die ihnen die Ausübung ihrer komplexen Arbeit ermöglichen. Es geht darum, immer wieder Kirchen und allgemein die Gesellschaft in unserer postmodernen und super-individualistischen Epoche dazu zu bringen, günstige Rahmenbedingungen zu schaffen, so dass die Amtspersonen sich ihrer eigentlichen Aufgabe widmen können.

Überkonfessionell
Unsere post-moderne Gesellschaft in Europa kennzeichnet sich ohne Zweifel durch eine Vielzahl von ‘Glaubenshaltungen’ und durch die Existenz verschiedener Kirchen. Deshalb ist es auch undenkbar, das pastorale Amt ins Auge zu fassen, ohne ziemlich ähnliche, allerdings z.T. anders ausgestattete Ämter in den Schwesterkirchen mitzubedenken. Im schon vergangenen Jahrhundert, während der ‘guten Jahre’ der inter-institutionellen Ökumene, war eine Überlegung zum protestantischen Pfarramt ohne Einbezug der Schwesterkirchen fast riskant, heute scheint dies aber ziemlich üblich geworden zu sein… Einer der Vorteile einer inklusiven Betrachtungsweise besteht auch gerade darin, feststellen zu können, dass die christlichen Gemeinden aller Zeiten und aller Kirchen immer ein zentrales Dienstamt benötigten, um ein christliches Dasein zu verwirklichen. Das gilt also für die Protestanten, aber noch von früher her auch für viele andere Christinnen und Christen!
Zusammenfassend können wir also die Notwendigkeit eines pastoralen Amtes aufgrund der Erfahrung, aber auch wegen markanter Elemente im Schriftzeugnis (NT) identifizieren.

Inhaltlich
Dieses pastorale Amt sollte folgende zentralen und grundlegenden Aufgaben im Hinblick auf die christliche Existenz wahrnehmen können:
- Es wird alles versuchen, um den einzelnen Menschen und die Gemeinschaft dem Zentrum, Gott - der gleichermassen Vater, Sohn und Heiliger Geist ist - anzunähern.
- Es wird alles ins Spiel bringen, um eine Unterstützung dieser Verbindung zu diesem Gott dank der Auslegung der Schrift aus ihren Originaltexten zu ermöglichen. Voraussetzung dafür wird sein, dass die auslegende Amtsperson diese Verbindung selbst erfahren hat.
- Die Amtsperson wird vieles von denen wissen, die diese Verbindung erfahren haben, sie wird auch die Kirchengeschichte wohl kennen.
- Ebenso wird die pastorale Person mit den Formulierungen, die durch die Geschichte hindurch geholfen haben, sich dem Geheimnis des dreieinigen Gottes und Christi zu nähern, vertraut sein. Auch wird sie etwas von Apologetik wissen, um so Angriffe mit falschen Denkformen auf den Glauben an Jesus Christus abwehren zu können.
- Die gleiche Amtsperson wird schliesslich auch mit den wissenschaftlichen, anthropologischen, soziologischen, psychologischen und gar politischen und ökonomischen Aspekten der gegenwärtigen Welt, die wir erfahren und in der wir im Vertrauen auf Jesus Christus voranschreiten wollen, sehr bekannt sein. Indem die Amtsperson diese Umgebung annimmt, sagt sie zu ihr und über sie, die auch viele materielle Aspekte mitbeinhaltet, ein grosses ‘Ja’. Die pastorale Aufgabe, die Sakramente zu verwalten, symbolisiert übrigens sehr prägnant die erwünschte Verbindung zwischen Sichtbarem und Unsichtbaren!

Es ist sehr eindrücklich wahrzunehmen, wie sehr im pastoralen Amt stehende Christinnen und Christen eine pastorale Grundlage wie die hier angesprochene hochhalten. Dies war sehr deutlich an dem Zürcher Treffen zwischen Kirchen und Universitäten Ende letzten Jahres. Wir möchten hier nur aus Erfahrung hinzufügen, dass es nebst diesem von den Universitäten ermöglichten ‘Königsweg’ oft auch andere verdienstvolle, genügend vollständige Zugänge zum pastoralen Amt gegeben hat.

Im Kontext
Abschließend möchten wir unsere Hinweise zum pastoralen Amt noch in einen u.a. nützlichen, wohl unumgänglichen Kontext einfügen:
- Wir begrüssen sehr die aktuelle Hervorhebung der Charismata, bzw. Dienste im Hinblick auf die Gemeinden. Es geht dabei auch um die Einsicht in die Vielfalt der Gaben und Dienste. Wir denken, dass dies aufbauend wirkt! Wir erinnern uns in diesem Zusammenhang auch gerne an Ernst Käsemann, der schon vor mehr als 60 Jahren sehr klar und mit grossem Engagement auf diesen zentralen Aspekt christlicher Existenz in Gemeinschaft hingewiesen hat! (Cf. verschiedene Artikel in seinem unvergesslichen Band ‘Exegetische Versuche und Besinnungen’, Göttingen 1964).
- Die gegenwärtige Verunsicherung in der universitären theologischen Ausbildung ist verständlich. Jede Umgestaltung muss u.E. notgedrungenerweise die für das pastorale Amt genannten Anforderungen mitintegrieren. Billiger ist das nicht zu haben!
- Protestant-inn-en sollten keinen ökumenischen Komplex pflegen: Ihr pastorales Amt befindet sich - falls man den Wurzeln auf die Spur kommen will - im Prinzip in der apostolischen Sukzessions-Linie. Erwähnen wir hier bloss den Fall der lutherischen Kirche Schwedens, der gar auf bischöfliche Sukzession zurückführt. Und bedenken wir auch die Äußerung von Kardinal Walter Kasper, wonach die protestantischen Ämter von der römischen Kirche nie exkommuniziert worden seien.

Enden wir hier diese wenigen Hinweise mit folgender sehr pragmatischer, aber affirmativer Aussage: Wenn man gelegentlich festhält, es sei besser die UNO oder den ÖRK zu haben als sie nicht zu haben, so gilt dies gewiss gerade auch vom pastoralen Amt !
Bereitgestellt: 01.09.2023    
 
aktualisiert mit kirchenweb.ch